Anmerkungen zur Ausstellung von gleis3eck im Rotkehlchen
Kulturzentrum Waggonhalle Marburg – ab 27. März 2022
Volker Jansen fotografiert in Köln, Alfred Junker in Gießen, Martin Lüpkes in Wetzlar – drei Städte, in denen wir zwar im städtischen Zentrum, aber mit dem gezielten Blick auf deren Randbereiche fotografische Notizen sammeln. Im Fokus stehen also nicht die zumindest in Gießen und Köln weitgehend uniformen und austauschbaren Fußgängerzonen mit den immer gleichen Geschäften und Ketten oder die eher unverwechselbare Fußgängerzone in der kleinen und beschaulichen Altstadt von Wetzlar.
Unser fotografisches Interesse gilt vielmehr den Randbereichen, die sich schon eher mit lokalen Besonderheiten und insgesamt mit einem Mix aus Wieder-erkennungswert und Uniformität zeigen. Trotzdem sind sie oft gesichtslos und unwirtlich, und sie laden kaum zum Aufenthalt und Verweilen ein, was den Fußgängerzonen mit ihrem Gewusel und den Verlockungen der Schaufenster-auslagen und gastronomischen Angebote eigen ist. Sie wirken mal weniger und mal mehr vernachlässigt und sind teilweise sanierungsbedürftig.
In Gießen und Köln bieten diese Bereiche selten Räume abseits der Hektik, um zur Ruhe zu kommen und zu pausieren. Entsprechend treffen wir beim Flanieren durch die Randbereiche sehr viel weniger Menschen. In Gießen und Köln prägen auffällige Fassaden, Fahrzeuge, Garagen, Werbung und viel Graffiti den Eindruck. Wir nehmen kommerzielle Angebote wahr, die zwar von mehr oder weniger zentraler Bedeutung sind, aber nicht ‚richtig‘ ins Zentrum gehören. Dafür sind sie nicht schön und präsentabel genug, und sie können sich die Toplage nicht leisten, gehören bisweilen zur Subkultur, oder es finden sich hier und da auch Angebote des täglichen Bedarfs für Menschen, die in diesen Randbereichen wohnen oder arbeiten.
Für Wetzlar gilt dies nur in sehr abgeschwächter Form. Hier, in der geschichts-trächtigen und an vielen Stellen idyllischen und teilweise sanierten Altstadt, fallen besonders die vielen menschenleeren Gassen auf – aber in den Blick gerät eben auch das, was noch sanierungsbedürftig und vom Verfall bedroht ist.
Was jedoch alle drei Städte kurioser Weise eint, sind die zahlreichen vor den Gebäuden platzierten Mülltonnen, aber auch subkulturelle, manchmal klare und bisweilen rätselhafte Botschaften und oft genug mehr oder weniger subtiler Humor. Im Zentrum unserer Ausstellung stehen damit einmal mehr die Lebendigkeit wie die Widersprüchlichkeit und Unwirtlichkeit des Urbanen.
Martin Lüpkes, Alfred Junker und Volker Jansen, im März
2022
Detlef Ruffert (Sonntag, 27 März 2022 21:14)
Die Fotos zeigen mit großer Intensität Ränder und Randgeschichten aus unserem urbanen Lebensalltag. Es sind Bilder, an denen man vorübergeht, ohne sie intensiv wahrzunehmen, die man mehr oder weniger übersieht. Durch die Bildgestaltung und vor allem durch die Schwarz-Weiß-Technik ergibt sich eine neue, nachhaltige visuelle Begegnung mit den urbanen Räumen. Sie werden im wahrsten Sinne sichtbar gemacht und regen an, sich mit ihnen auseinander zu setzen.
Vielen Dank für die gelungenen Randnotizen. .